15 Visionen aus der digitalen Zivilgesellschaft

Wenn es um Digitalpolitik geht, kommt aus der Zivilgesellschaft vor allem – berechtigte – Kritik. Schließlich sieht die Politik das Thema Digitalisierung und digitale Technologien vor allem als Wirtschafts- und Innovationsthema und lässt drängende gesellschaftliche Belange außen vor.

Doch jetzt legen wir nach: Gemeinsam mit 14 anderen Organisationen haben wir 15 Digitalvisionen entworfen, um zu zeigen, wie Digitalpolitik eine bessere Welt möglich machen kann. Koordiniert wurden die Digitalvisionen von SUPERRR Lab im Rahmen des Netzwerks "Digitale Zivilgesellschaft".

15 gesellschafts­politische Themen

Die Digitalvisionen befassen sich mit verschiedenen Themenbereichen, von Bildung, Barrierefreiheit, Nachhaltigkeit bis hin zu Offener Regierungsführung. Als Einstieg dient dabei immer eine Betrachtung des Status Quo:

Beispielsweise schreibt Katja Jäger von betterplace lab über den Status der Diskurskompetenz online: "Statt fairen Debatten ergießen sich simplifizierte Stimmungsmache und hasserfüllte Botschaften in unseren Timelines. Verschiedene Studien attestieren jeder dritten Person in Deutschland eine Verschwörungs-Mentalität und Erfahrungen mit sowie die Angst vor Online Hassrede schränken die freie Meinungsäußerung ein."

Die Stiftung Neue Verantwortung e.V. nimmt sich das Thema digitale Verwaltung vor: "Abgelaufener Personalausweis, Ummeldung oder Kindergeldbeantragung – auch wenn sich 85% der Deutschen wünschen, Verwaltungsleistungen online in Anspruch zu nehmen, führen die Wege immer noch ins Amt."

Und wir von SUPERRR Lab beleuchten die negativen gesellschaftlichen Auswirkungen einer Digitalpolitik, die auf Innovation und Effizienz fokussiert ist: "Anstatt zum Wohlstand für alle trägt diese Art der Digitalisierung zur weiteren Spaltung unserer Gesellschaft bei. Deswegen brauchen wir einen radikalen Zielwechsel: Wir brauchen eine feministische Digitalpolitik!"

15 Visionen für eine gerechtere Zukunft

Die Visionen sollen helfen, Digitalpolitik als Gesellschaftspolitik zu verstehen. Sie zeigen in all ihrer Unterschiedlichkeit, wie viele Möglichkeiten sich uns bieten, eine bessere und gerechtere Welt zu gestalten – wenn die Politik nur die Weichen richtig stellt:

"Der zehn Jahre alte Rechner surrt leise vor sich hin, während ich an einer Online-Konferenz teilnehme, die klimaneutral und komplett mit Open-Source-Lösungen umgesetzt wurde. Auf der Konferenz erklärt die Kanzlerin, dass das Ziel erreicht wurde, alle Rechenzentren in Deutschland mit dem „Blauen Engel“ zu zertifizieren." So beginnt die Vision des Arbeitskreises Zukunftsfähige Digitalität, in der sie eine Welt skizzieren, in der Digitalisierung und Nachhaltigkeit zusammen gedacht werden.

Das Team der Sozialheld*innen zeigt, wie digitale Technologien und Services Barrieren abbauen können: "Huch, warum klingelt denn der Wecker heute Morgen 30 Minuten früher? Ach ja, der Aufzug zur U-Bahn, den ich auf dem Weg zur Arbeit benutzen muss, ist kaputt und der Umweg dauert länger. Also raus aus den Federn und rein in den Rollstuhl. Unterwegs buche ich noch schnell die Karten für das Konzert nächste Woche. Hat die Columbiahalle eigentlich ein Bodenleitsystem? Sonst wird das für meine Freundin Katrin doof. Ich google das mal schnell… Super, das gibt es! Den Rollstuhlplatz konnte ich auch direkt online buchen, ganz ohne Anruf!" Solche Dienste würden für jede zehnte Person in Deutschland einen gravierenden Unterschied in ihrem Alltag machen.

Mit unserem Vorschlag einer Feminist Tech Policy können wir Machtdiskurse und Zielsetzungen im Digitalbereich hinterfragen und verändern: "Die öffentliche Verwaltung, die lange als veraltet und dem Analogen verhaftet galt, ist zur Vorreiterin für eine Digitalisierung geworden, die auf Chancengerechtigkeit, Zugang und Barrierefreiheit setzt. Die Verwaltung hat ihre Serviceangebote komplett überarbeitet und ihre design patterns veröffentlicht - und treibt so digitale Innovation voran. Geschafft wurde dies, weil analog zur feministischen Außenpolitik eine feministische Tech Policy implementiert wurde." Dabei ist uns besonders wichtig, digitale Technologien nicht zum Selbstzweck werden zu lassen: "Auch wenn Deutschland zum digitalen Vorreiter geworden ist, hinterfragen wir mehr denn je kritisch, ob digitale Lösungen gesellschaftlich und ökologisch sinnvoll sind – und setzen deshalb auf Low-Tech-Lösungen, wo sie sinnvoll sind. Gewählt wird übrigens auch 2030 noch mit Stift und Papier."

Jetzt ist die Politik am Zug - sprecht mit uns!

Die Visionen enden mit konkreten Handlungsempfehlungen und Forderungen an die Politik. Eine Forderung zieht sich durch alle Visionen: Eine stärkere, besser gestaltete Einbeziehung der zivilgesellschaftlichen Expertise in politische Entscheidungsprozesse. Mit unseren Digitalvisionen und Handlungsempfehlungen zeigen wir 15 Organisationen auf, warum unsere Expertise endlich gehört werden muss.

Alle 15 Digitalvisionen sind hier nachzulesen. Viel Spaß beim Stöbern und Entdecken!